Wöhrden ist eines der ältesten in der Marsch gelegenen Wurtdörfer Dithmarschens. Der Name leitet sich von den „aufgeworfenen Erdhügeln“, den Wurten, ab. Die Besiedlung dieser im Wattenmeer gelegenen halligartigen Erhebung dürfte im 1. oder 2. Jahrhundert nach Chr. begonnen haben. Die erste Landverbindung zwischen den Wurten war ein etwa 1,50 Meter hoher „Siddeldeich“ (Seitendeich). Das Kirchspiel Wöhrden wird erstmals 1281 urkundlich erwähnt. Zu diesem Zeitpunkt war also bereits eine Kirche vorhanden. Als Graf Gerhard von Holstein 1319 Wöhrden überfiel, wagten die in der Kirche eingeschlossenen Dithmarscher einen Ausfall und besiegten das Adelsheer.
Das Gotteshaus ging bei der „Schlacht bei Wöhrden“ in Flammen auf. Daraufhin erbauten die Einwohner die „Siegeskirche“, die erste gotische Hallenkirche Dithmarschens die mitten auf der höchsten Wurt Dithmarschens (6,24 Meter über NN) steht. Namensgeber ist Nicolaus, der Schutzpatron der Fischer und Kaufleute. Baufällig geworden wurde sie abgerissen und 1786 bis 1788 im spätbarocken Stil neu errichtet. Sie hat heute einen fünfseitigem Abschluss und einem 42 Meter hohen Turm, der ein vierstimmiges Geläut und in der Ostwand eine Feuerglocke birgt.
Die jetzige St. Nicolaikirche ist eine Barockkirche, deren lichtdurchflutetes Inneres von einer schlichten Schönheit ist. Der monumentale Kanzelaltar, Logen, Emporen und der schwebende Taufengel bilden ein fast geschlossenes barockes Kunstwerk.
Taufengel kamen Ende des 17. Jahrhunderts in protestantischen Kirchen in Mode. Von den ursprünglich 62 in Schleswig-Holstein befindlichen Taufengeln sind heute noch 23 in Gebrauch. Der Wöhrdener Taufengel schwebt, von einer Eisenstange gehalten, im Altarraum und lässt sich zur Taufhandlung herunterziehen. Der 20-flammige Messingkronleuchter von 1643 gehört wie ein Alabasterrelief von 1613 zu den wenigen Kostbarkeiten, die nach der Einführung der Reformation und damit einhergegangener Änderung der Kircheneinrichtung erhalten geblieben sind. Das Alabaster-Epitaph stellt das Jüngste Gericht dar, mit der Auferstehung der Frommen und der Gottlosen (Daten und weitere Angaben fehlen).
Die größte Besonderheit in der Wöhrdener Kirche ist zweifellos die Anthonius-Wilde-Orgel aus dem Jahr 1593, die aus der Vorgängerkirche übernommen wurde. Sorgfältig ausgebaut, fachgerecht gelagert und neu installiert, immer wieder restauriert, überholt und sorgsam gehütet befindet sie sich noch heute in einem ausgezeichneten Zustand. Von ihrem einzigartigen Klang kann sich der Besucher bei Gottesdiensten und Konzerten überzeugen. (Text: Jochen Bufe)
Die Wöhrdener Bücher
„Die im Kirchengemeindearchiv Wöhrden aufgefundenen Rente- und Registerbücher aus dem Beginn des 16. Jahrhunderts stellen ein außerordentlich wichtiges und bedeutsames Quellenensemble dar“, heißt es in einem Gutachten von Dr. Klaus-Joachim Lorenzen-Schmidt vom Staatsarchiv Hamburg. Die Bücher sind darum so wertvoll, weil sie einen Einblick in das Kreditwesen des vorreformatorischen Dithmarschen geben. Reiche Bürger hatten in Wöhrden, um sich eine Verkürzung der Fegefeuerzeit zu erwirken, Vikarien eingerichtet, die von der Struktur heutigen Stiftungen ähneln. Acht Vikare hatten die Aufgabe, diese Stiftungen unter anderem mit Kreditzinsen so zu verwalten, dass der Gewinn ihren eigenen Lebensunterhalt sicherte – als Gegenleistung beteten sie für das Seelenheil des Stifters. In den Wöhrdener Büchern ist genau notiert, wer wann eine Vikarie verwaltete und welche Gläubiger ihren Verpflichtungen wann nachkamen. Außerdem sind darin „ die Verhältnisse der in Dithmarschen besonders zahlreichen Gilden und religiösen Bruderschaften ablesbar, “ so der aus Marne stammende Historiker Professor Enno Bünz.
Die Wöhrdener Bücher werden nach aufwändiger Restaurierung jetzt im Kirchenkreis-Archiv in Heide aufbewahrt.